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Wohlfühlwonneweiblichkeit

Aktualisiert: 23. Mai 2022

Dein Körper ist wichtig



Frauen aus unterschiedlichen Lebenslagen


In diesem Beitrag möchte ich darauf eingehen, warum es wichtig ist, dass sich Frauen in unterschiedlichen Lebenslagen begegnen und warum ich beim Unterrichten viel Wert darauf lege, dass Frauen ihrem Körper viel Raum schenken.

Ich möchte euch schon darauf vorbereiten, dass dieser Blogbeitrag etwas verkopft daher kommt und auch meine Gedanken etwas sprunghaft sind. Aber wie es so oft im Leben ist, benötigen neue Gedanken Raum und Bewegung. Ich bin keine Expertin für Feminismus. Ich lese manchmal die Kolumne von Margarete Stokowski und dann ist meine intellektuelle Beschäftigung mit diesem Thema auch schon beendet. Grundsätzlich glaube ich, dass das Gendern eine gute Sache ist, aber es ist für mich nicht der wichtigste Punkt. Ich bilde mir auf naive Art und Weise ein, dass es weniger Brutalität auf der Welt geben würde, wenn das Matriarchat sich in unser westlichen Kultur verfestigt hätte. Ich kann es nicht glauben, dass der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern heutzutage immer noch steigt statt kleiner wird.




Der Vater als Familienoberhaupt

Als Kind bin ich mit dem ganz klassischen Rollenbild aufgewachsen. Ich empfand es normal, dass meine Mutter ihrem Ehemann fein säuberlich die Koffer für die Geschäftsreisen packte und den gesamten Haushalt organisierte. Grundsätzlich hat meine Mutter nicht arbeiten müssen. Und wenn sie gearbeitet hat, verfolgte dies den alleinigen Zweck, dass sie ihr "Taschengeld" aufbessern konnte. Spannend war für mich zu beobachten, wie meine Mutter sich veränderte, nachdem sich meine Eltern getrennt hatten. Plötzlich war sie nicht mehr die Frau, die sich kleinmachte, ihre Bedürfnisse versteckte und auf einer Party unsichtbar hinter meinem Vater sass. Auf einmal kämpfte sie für ihre Bedürfnisse. Sie sagte Nein. Sie sorgte klug für sich. Sie lachte laut. Auf keinen Fall möchte ich der Ehe meiner Eltern mit einer oberflächlichen und herablassenden Haltung begegnen. Denn meine Sozialisierung ist eine andere und deswegen steht es mir nicht zu, über diese Zeit zu urteilen. Ausserdem hätte meine Bewertung zur Folge, dass ich aus der Geschichte nicht lernen würde. Meine Mutter ist in einer Zeit aufgewachsen, in der noch der Vater als Familienoberhaupt entschied, welche Berufe die Töchter ausüben dürfen. Es ist kaum zu glauben, aber erst 1959 wurde in Deutschland ein Gesetz für nichtig erklärt, in dem sich ein patriarchalisches Verständnis elterlicher Autorität niedergeschlagen hatte. Dieser Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuchs sah vor, dass in Erziehungsfragen der Vater das letzte Wort habe und bestimmte, dass die Vertretung des minderjährigen Kindes allein ihm zustehe. Das ist noch nicht so lange her.




"Manchmal bin ich einfach zu bequem"


Im Alltag erkenne ich, dass ich gerne in ein altes Rollenbild schlüpfe und ein Gemisch aus "Lieb sein und Angepasst sein" oder "technisch nicht versiert" zelebriere. Ich muss zugeben, manchmal einfach auch aus Bequemlichkeit. Ich erinnere mich noch gut daran, dass meine Yoga - Trainerin über unsere schriftlichen Abschlussarbeiten sehr überrascht war. In den 70er Jahren war sie sehr aktiv und kämpfte gegen die alten und noch spürbaren Verhältnisse, die durch den Nationalsozialismus und durch das strenge hierarchische, patriarchale System der Kirche geprägt waren. Aus unseren Arbeiten las sie heraus, dass viele von uns eine Sehnsucht nach Geborgenheit und einem wohligen zu Hause hatten und wenig darüber nachdachten, was in der Welt passierte. Auch heute setzt sie sich noch beharrlich für wichtige gesellschaftliche Themen ein.




Das Ende der Unterdrückung

Vor einigen Tagen wurde ich von einer ehemaligen Yoga - Kursteilnehmerin angesprochen, die ein Portal für Frauen im Internet eröffnen möchte. Sie erzählte mir, dass sie nach einem geeigneten Namen für die Webseite suchen würde. Auf dieser Seite sollen spezielle Kurse, Seminare und andere Angebote für Frauen vorzufinden sein. Eine ganz tolle Idee! Sie wollte wissen, ob ich Vorschläge für einen Namen hätte und schickte mir schon vorhandene Ideen zu. Beim Lesen der Vorschläge haben sich verschiedene Stimmen in mir gemeldet wie z.B. "Oh, wie ansprechend" oder "Oh, wie anstrengend." Ich habe lange über dieses Portal nachgedacht und mir dabei die Frage gestellt: Wie würde ein Portal aussehen, das den Anspruch verfolgen würde, die Verbindung zwischen Frau, Mann und Natur zu integrieren. Ich denke, dass es neue Fragen benötigt oder alte Fragen müssen neu betrachtet werden. In dem Buch "Ich denk, ich denk zu viel" von Nina Kunz hat mich folgendes Zitat angesprochen: Die Menschen sind entweder zusammen frei oder gar nicht. Die Journalisten schrieb von der Vision von Reni Eddo-Lodge, die die Meinung vertritt, es geht nicht um das Matriarchat oder die Umkehrung der Macht, sondern um das Ende jeder Unterdrückung. Als ich diese Zeilen las, wusste ich, dass sich mein schwacher Feminismus hier wohlfühlt. Nur was bedeutet das genau? Hier erscheint es mir angebracht zu sein, sich mit der Definition von Macht auseinanderzusetzen. In Wikipedia habe ich folgende gefunden: Macht bezeichnet die Fähigkeit einer Person oder Gruppe, auf das Denken und Verhalten einzelner Personen, sozialer Gruppen oder Bevölkerungsteile so einzuwirken, dass diese sich ihren Ansichten oder Wünschen unterordnen und entsprechend verhalten.

Diese Definition wird wohl am meisten von uns Menschen gelebt. Dagegen findet Hannah Arendt andere Worte, um Macht beschreiben: Macht entspringt der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschliessen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln. Themen wie Totalitarismus, Macht und Verbrechen im Nationalsozialismus beschäftigen sie sehr. Die Politologin trennte Macht von der Gewalt und brachte das Gemeinwesen ins Zentrum. Die Trennung zwischen Macht und Gewalt spricht mich sehr an.

Der Autoritätsforscher Frank Baumann – Habersack spricht lieber von Stärke als von Macht. Für ihn bedeutet Autorität "in Beziehung leben" und "Bewahrung der eigenen Präsenz, unabhängig vom Verhalten des Gegenübers". Diese Aussage drückt für mich aus, dass es vor allem darum geht, wie wir in unsere Kraft kommen und gleichwohl zwischenmenschliche Beziehungen pflegen.

Auch das gefällt mir!


Der Zwang alles richtig machen zu müssen


In den sozialen Medien begegnet mir häufig ein bestimmtes Frauenbild, das mit diesen Zuschreibungen assoziiert wird: Hingabe, Sanftheit, Fruchtbarkeit usw. Diese Kategorisierung löst bei mir unterschiedliche Gefühle aus. Einerseits bin ich genervt von der Einseitigkeit und Enge, die durch das Schubladendenken erzeugt wird und gleichzeitig fühle ich mich von der "Lieblichkeit" angesprochen. Es entspricht meinem Schönheitssinn mit Blumen, Kerzen, netten Menschen usw. (ich möchte mich hier schon mal für meine Übertreibung entschuldigen). Ich beobachte im Gesundheitsbereich schon seit längerem eine Entwicklung, die ich als "Wonnewohlfühlweiblichkeit" bezeichnen würde. Auch ich bin ein Teil davon. Es macht mir Freude, Wohlfühlorte für Frauen zu gestalten. Ich glaube, dass diese Orte wichtig sind, weil sie dafür sorgen, dass sich Frauen körperlich und emotional stärken können und dass sie uns von Körperoptimierung und dem anstrengenden Streben nach Schönheitsidealen wegbringen. Die Autorin Katrin Jonas schreibt in ihrem Buch „Nackt“, dass 91 % Prozent der deutschen Frauen (wird in der Schweiz nicht anders sein) mit ihrem Körper unzufrieden sind. Als Luna Yoga – Lehrerin versuche ich, einen Raum anzubieten, der es Frauen ermöglicht zu wachsen und Raum einzunehmen. Den Körper in verschiedene Richtungen zu bewegen. Mit den Füssen zu stampfen. Laut zu sein. Leise zu sein. Die Intensität und das Tempo selbst zu bestimmen. Auf das Herz zu lauschen. Kraftvolle Bewegungen nach aussen zu bringen. Spürübungen nach innen zu richten. Oder ganz pragmatisch einfach den Rücken zu stärken. Mein Luna Yoga ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Kräften und möchte dazu einladen, sich auszuprobieren. Unser Körper ist wichtig. Auch in der Kommunikation ist unser Körper ein bedeutsames Instrument. Laut Studien achten wir im Kontakt mit Menschen zu 55% auf Körpersprache, 38% auf Stimme und nur 7 % auf den Inhalt.


In den Medien ist immer häufiger der Begriff "Toxische Weiblichkeit" zu lesen.

Da ich ihn wichtig finde, möchte ich diese Beschreibung hier erwähnen. Tatsächlich ist auch dieser Begriff umstritten. Für manche geht das Schubladendenken mit dem Begriff "Toxische Weiblichkeit" weiter und andere befürchten, dass zwei ganz unterschiedliche Verhaltensweisen vermischt werden (Toxische Männlichkeit äussert sich in Gewalt, toxische Weiblichkeit richtet sich gegen die Frau selbst).



Bei all meinen Gedanken frage ich mich, wo unsere Widerstände, unsere Wut oder unser Neid hinfliessen? Sind wir wirklich ehrlich zu uns selbst und zu den anderen Frauen? Ich bin überzeugt, dass Frauen sich untereinander mehr unterstützen würden, wenn wir auch über die Unterschiede sprechen und diese auch anerkennen würden.

Und was bringt das alles, wenn die weibliche Stärke durch verkrustete Strukturen sofort wieder geschwächt wird? Und wie steigen wir aus dem diffusen Zwang, alles richtig machen und es allen recht machen zu wollen, aus?


Auch unter Feministinnen scheinen unterschiedliche Schwerpunkte vorhanden zu sein. Nina Kunz schreibt, dass es Stimmen gibt, die dazu aufrufen, dass Frauen taffer und selbstbewusster werden müssen, um nicht in die Opferrolle zu geraten. Dagegen fokussiert sich die andere Gruppe auf die ungerechten Strukturen wie z.B. die Teilzeitfalle, die sich dringend in der Gesellschaft ändern müssen. Ich denke, dass es wohl eine Mischung aus beiden Richtungen ist.


Aktuell schwirren viele Fragen herum, die einen überfordern können und gleichzeitig bieten diese auch neue Chancen. Chancen für Veränderung und Transformation

Luna Yoga ist für mich der Beweis, dass sich in unserem Fühlen und Denken etwas ändern kann. Auch Yoga ist wie die meisten gesellschaftlich anerkannten Bereiche jahrhundertelang eine Männerdomäne gewesen. Obwohl die Philosophie auf den Säulen wie z.B. Freiheit, Frieden, Gleichberechtigung und Akzeptanz steht, wurden diese nicht gelebt. Die Gründerin Adelheid Ohlig hat eine neue Form des Hatha Yogas ins Leben gerufen. Sie möchte mit der Luna Yoga Philosophie mitunter

die Eigenmacht der Frauen fördern.


Ich bin gerne im Austausch mit anderen Frauen. Ich bin neugierig auf ihre Erfahrungen. So unterhielt ich mich mit einer Mutter, die als Leiterin und Dozentin arbeitet. Sie trägt viel Verantwortung und bringt einen grossen Anteil des Einkommens mit nach Hause. Mit einer Frau, die unter Endometriose leidet und von ihrer Ärztin erfährt, dass in die Forschung dieser Krankheit nicht viel Geld einfliesst, weil es sich um eine frauenspezifische Krankheit handelt. Mit einer humorvollen Frau mit Strahlkraft, die eine Ausbildung zur Yogalehrerin macht und die Rückmeldung bekommt, dass sie zu viel Raum einnimmt. Mit einer alleinerziehenden Mutter, die sich nach ein wenig Selbstfürsorge sehnt und gerade noch so den Yogakurs bezahlen kann. Mit einer jungen Frau, die eine Familie gründen und zu Hause bei den Kindern bleiben möchte. Mit einer Körpertherapeutin, die beim Einkauf einen Vater mit androgynem Erscheinungsbild mit dem Sohn beobachtet und dabei neue Erkenntnisse gewinnt. Mit einer Personalchefin, die erzählt, dass Frauen sich nicht trauen, mehr Gehalt einzufordern. Mit einer Teenagerin, die sich einfach wünscht, dass es ihrer Mutter geht.

Beim Schreiben dieses Blogbeitrags war ich bemüht darum, dass ich niemanden verurteile und trotzdem mache ich es (z.B. Wohlfühlwonneweiblickeit usw.). Ich vergleiche und bewerte. Ich lebe in meiner Blase und begegne im privaten Bereich kaum noch Menschen, die anders leben, fühlen und denken. Das scheint mir für die menschliche Entwicklung nicht heilsam zu sein.

Gerade weil es verschiedene Ansichten und Lebensmodelle gibt, muss die Qualität der Gleichwertigkeit im Mittelpunkt stehen. Auch wenn es uns manchmal schwer fällt. Denn wie kann die Qualität der Gleichwertigkeit wachsen und Unterdrückung verhindert werden, wenn wir uns nicht begegnen.


Tja, wie kann ich nun diesen Beitrag zu Ende bringen. Am besten mit zwei Aussagen:

In der buddhistischen Tradition ist die Selbstfürsorge Weltfürsorge. Diese Haltung öffnet Räume und schenkt Hoffnung. Selbstfürsorge kann mehr sein.


Eine Freundin, die im Behindertenbereich tätig ist, erzählte mir von der folgenden Episode: Eine Frau, welche sie begleitete, hatte Liebeskummer. Ihr Freund hat sie verlassen, weil er sie zu dick fand. Währenddessen die Frau sich mitteilte, schaute sie meine Freundin ganz entrüstet an, zeigte mit ihren Händen auf ihren Körper und sagte: "Ja, wo bin ich denn dick!"


Musik, die frei macht...





Quellen:


Buch: Ich denk, ich denk zu viel, Nina Kunz, Verlag Kein & Aber


Buch: Mit transformativer Autorität in Führung, Frank Baumann-Habersack, Springer Gabler






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